+ Bartholomaios
durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom,
und Ökumenischer Patriarch dem ganzen Volk der Kirche
Gnade und Friede von dem Schöpfer der ganzen Schöpfung,
unserem Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus
Im Herrn geliebte Kinder,
Gott,
der das All erschaffen und die Erde zu einer vollkommenen Wohnstatt des
Menschen gestaltet hat, hat diesem das Gebot und die Fähigkeit gegeben,
zu wachsen und sich zu vermehren, die Erde zu bevölkern und über sie
und alle Tiere und Pflanzen auf ihr zu herrschen.
Die
uns umgebende Welt wurde uns also vom Schöpfer geschenkt als ein Ort
sozialen Handelns, aber auch der Heiligung, damit wir das Erbe einer
Schöpfung erlangen, die im kommenden Äon erneuert werden wird. Das ist
die theologische Position des Ökumenischen Patriarchats, der Großen
Kirche Christi. Darum ist es auch, wie bekannt, die Aufgabe unserer
geringen Person, das ökologische Eintreten unseres heiligen Ökumenischen
Throns für den Schutz unseres wissentlich und unwissentlich in
Mitleidenschaft gezogenen Planeten zu leiten.
Die
Vielfalt der Lebewesen, die das Werk der Allweisheit Gottes ist, wurde
allerdings nicht uneingeschränkt der Gewalt des Menschen unterstellt. Herrschaft
des Menschen über die Erde und was sie erfüllt bedeutet einen
vernunftgemäßen Gebrauch und Genuss der dargebotenen Güter, aber nicht
ihre durch Unersättlichkeit hervorgerufene zerstörerische Ausbeutung und
Missbrauch oder Zerstörung ihrer Ressourcen.
Gleichwohl
beobachten wir gegenwärtig eine übermäßige Ausbeutung der natürlichen
Ressourcen, die die Zerstörung des Gleichgewichts der Ökosysteme und
darüber hinaus der Umweltfaktoren nach sich zieht, mit der Konsequenz,
dass die von Gott gesetzten Bedingungen des Überlebens des Menschen auf
Erden für diesen immer ungünstiger werden. So steigt z. B., wie wir
alle, Wissenschaftler, kirchliche und politische Führer und generell die
ganze Menschheit, feststellen, die Temperatur der Atmosphäre, es kommt
zu katastrophalen Niederschlägen, ausgedehnte Bereiche des Landes und
des Meeres verschmutzen und die Möglichkeit weiteren Lebens in
bestimmten Gegenden wird bedroht, wenn nicht gar demnächst zerstört.
Weil das Ökumenische Patriarchat diese
sich aus der Entwicklung der Umweltfaktoren ergebenden Gefahren für die
Menschheit sieht und aus der Erfahrung erkennt, hat es schon zur Zeit
unseres Vorgängers seligen Gedenkens Dimitrios den 1. September jedes
Jahres zum Tag des Gebets für die Umwelt bestimmt.
Wir
müssen aber einräumen, dass die Ursachen dieses unerfreulichen
ökologischen Wandels nicht von Gott, sondern von den Menschen
hervorgerufen sind. Dementsprechend ist unser und der Kirche Gebet für
eine Verbesserung der Umweltbedingungen, das wir an Gott, den Herrn
aller Herren und Lenker des Alls richten, im Grunde ein Anruf an die
Menschheit, ihre Sünde zu bereuen – die Sünde, die darin besteht, die
Erde zu zerstören, statt von ihr einsichtsvoll und behutsam zu
profitieren und ihre Ressourcen nachhaltig zu nutzen.
Wenn
wir zu Gott beten und von ihm erbitten, die Umwelt auf der Erde so zu
erhalten, dass sie das Leben des Menschen auch weiterhin ermöglicht,
beten wir im Grunde genommen darum, dass Gott den Sinn der Mächtigen auf
Erden wandle und sie erleuchte, das irdische Ökosystem nicht um des
wirtschaftlichen Nutzens und kurzfristigen Vorteils willen zu zerstören.
Das gilt aber auch für jeden einzelnen von uns, denn ein jeder von uns
bewirkt in kleinem Maßstab Umweltkatastrophen, die seine Unbedachtheit
zulässt.
Wenn
wir also für die Umwelt beten, beten wir für die Umkehr eines jeden von
uns. Denn wir alle sind zu einem kleinen oder großen Anteil für die
Beschädigung und sogar Zerstörung der Umwelt verantwortlich – eine
Zerstörung, die wir insgesamt als eine Summe von einzelnen schädlichen
Eingriffen in Gestalt akuter Naturkatastrophen an unterschiedlichen
Orten und zu unterschiedlichen Zeiten immer wieder erleben.
Indem
wir diesen Aufruf, diese Bitte und Ermahnung von diesem heiligen
Bischofssitz der Orthodoxie aus an den ganzen Erdkreis (Oikumene) und
die ganze Menschheit richten, erbitten wir zugleich vom Herrn und
Spender alles Guten, der uns allen, die wir auf Erden wohnen, das
irdische Paradies geschenkt hat, Er möge den Herzen aller Menschen das
Gute eingeben, damit wir das ökologische Gleichgewicht respektieren, das
Er uns in Seiner Weisheit und Güte anvertraut hat, so dass wir ebenso
wie die kommenden Generationen Gottes Gaben mit Dankbarkeit und Lobpreis
empfangen können.
Zu
dieser Weisheit Gottes, Seinem Frieden, Seiner Kraft, welche die ihrer
Erlösung harrende Schöpfung erschaffen hat, erhält und zur Vollendung
lenkt, beten wir für den Erhalt der Umwelt, damit sie stets Frucht
bringe und zum Wohlergehen des Menschen beitrage. Gott möge die guten
Werke der dazu beitragenden Hände unserer Mitmenschen führen, Seine
Gnade und Sein grenzenloses Erbarmen rufen wir auf alle Menschen herab,
insbesondere auf diejenigen, die die Schöpfung respektieren und wie ein
Paradies bewahren. Amen.
1. September 2012
Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel,
inständiger Fürbitter bei Gott
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